Soll man sich bereits im Bewerbungsdossier outen? Dieser und anderen Fragen gehe ich im heutigen Blogpost nach. Insbesondere auch auf die Wichtigkeit eines interessanten, ordentlichen und – warum auch nicht – überraschenden Lebenslaufs.

Habt ihr auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass ihr alle geforderten Voraussetzungen für einen tollen Job erfüllt habt, dann aber nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden seid? Dass ihr mit einem Standardfloskel «andere Bewerber, die noch besser zur Stelle passen» abgespeist worden seid? Solche Rückschläge sind frustrierend, demotivierend und lassen einem etwas perplex zurück. Mir zumindest ging das so.

Dass man eine Absage auf eine Bewerbung bekommt, das kann natürlich jederzeit und jedem*r passieren. Wir kennen die Hintergründe jeweils ja nicht genau. Vielleicht gab es eine interne Kandidatin, der man den Vorrang geben wollte oder man hat sich schlicht zu spät auf eine Stelle beworben, so dass schon ausreichend gute Dossiers auf dem Tisch der Personalperson lagen.

Für berufliche Qualifikationen ernst genommen werden

Oder lag es doch etwa an deinem Lebenslauf oder deinem Bewerbungsdossier? Wer das moderne Orakel Google fragt, kriegt in Sekundenschnelle viele nützliche (und auch unnütze) Tipps, wie man mit seiner Bewerbung die Aufmerksamkeit der Personalverantwortlichen erregen kann. Wichtig dabei – diese Zahl habe ich auch gegoogelt, und ich glaube, sie stimmt sogar – ist, dass Personalverantwortliche durchschnittlich gerade mal 48 Sekunden dafür aufwenden, ein gutes Dossier ins Töpfchen und alle schlechten ins Kröpfchen zu bugsieren. Wer also im Töpfchen mit den guten Dossiers landen will, muss sich sputen!

Nicht jede*r in der Community möchte als Paradiesvogel wahrgenommen werden, sondern sich für seine beruflichen Qualitäten ernst genommen fühlen. Ich bin kein Freund des Mottos «Auffallen um jeden Preis» und rate von überdekorierten Bewerbungsdossiers mit gehäkelter Ummantelung oder aus selbstgeschöpftem Büttenpapier ab. Und trotzdem: Ihr müsst es irgendwie schaffen, dem Verantwortlichen innert 48 Sekunden euer Dossier schmackhaft zu machen, so dass er oder sie sich vertieft Zeit nimmt, sich mit deiner Bewerbung auseinander zu setzen. Wie ist das bloss zu bewerkstelligen?

Ein hundertprozentiges Rezept habe ich natürlich auch nicht. Dennoch gibt es den einen oder anderen Tipp von mir, an den du vielleicht noch nicht selbst gedacht hast:

  1. Achte auf die Gestaltung deines Lebenslaufs:
    Einzüge beginnen immer am gleichen Ort, gleiche Zeilenabstände und Aufzählungszeichen, gib dem Leser etwas Luft (keine Bleiwüste in Mikroschrift), dein Lebenslauf ist maximal drei  Seiten lang (besser nur zwei). Verwende nur eine und zwar eine «nüchterne» Schriftart. Das macht einen aufgeräumten, ordentlichen Eindruck, ist angenehm zu lesen und hinterlässt auf jeden Fall einen guten ersten Eindruck.
  2. Logischer Aufbau:
    Beginne mit den persönlichen Daten, einem professionellen Porträt (Schnappschüsse haben hier nichts verloren), fahre weiter mit deinen Aus- und relevanten Weiterbildungen, Arbeitstätigkeiten und führe besondere IT-Kenntnisse (MS Office gehört nicht dazu) auf. Achte dabei auch auf einen chronologischen Aufbau, wobei das Aktuelle zuoberst steht (und nicht umgekehrt). Hast du in deinen vergangen Jobs besondere Erfolge gefeiert oder Mehrwert geschaffen? Erwähne sie! Hierzu kannst du dich auch von den Formulierungen in deinem Arbeitszeugnis inspirieren lassen.
  3. Outing:
    Einfache Frage, umständliche Antwort. Früher war es gang und gäbe, im Lebenslauf seinen Zivilstand, Anzahl Kinder, ja sogar die Konfession offenzulegen. Doch Hand aufs Herz: Was hat das mit deiner beruflichen Qualifikation zu tun? Genau, nichts. Trotzdem geben diese Angaben natürlich etwas von dir preis.
    Ich persönlich halte meinen Lebenslauf diesbezüglich strikt professionell und daher lasse ich das Outing im Lebenslauf aus. Allerdings spricht natürlich nichts dagegen, diese Informationen am Vorstellungsgespräch zwanglos im Smalltalk einfliessen zu lassen. Im Gegenteil: «Mein Partner und ich unternehmen gerne Reisen in ferne Länder» oder «Wegen der Arbeitszeiten muss ich noch rasch mit meinem Partner Rücksprache halten» – das macht sich gut.  Keinem*r rate ich aber, aus dem Partner eine Partnerin (und umgekehrt) zu machen. Hat der Chef ein Problem mit LGBTIs, dann ist es eh nicht der richtige Job für dich. So einfach und so absolut konsequent soll man heutzutage mit diesem Thema umgehen. Hier Kompromisse einzugehen, macht dich unglücklich und frustriert.
  4. Wahrheit:
    Lügen haben kurze Beine. Hochstapeleien, Unwahrheiten und Übertreibungen kommen früher oder später ans Licht. Das kann peinlich werden, manchmal auch mit dem Jobverlust enden. Darum: Nicht absolvierte Lehrgänge, nicht vorhandene Schulabschlüsse, Fantasiefreizeitaktivitäten und dergleichen haben in deinem Lebenslauf nichts verloren. Du bist interessant, weil du bist, wie und wer du bist. Wer keine Hobbies hat, der oder die soll auch dazu stehen. Wie mir berichtet wurde, geriet einmal eine Bewerberin tatsächlich in Not, als sie während eines Interviews nach Bachs Violinkonzert BWV 1041 gefragt wurde, weil sie in ihrem Lebenslauf behauptete, sie hätte als Solistin einen Wettbewerbspreis mit diesem Stück gewonnen. Der Interviewer war per Zufall ein ausgesprochener Bach-Liebhaber und brachte sie in Verlegenheit.
  5. Überraschung:
    Selbstredend sind «Faulenzen», «Essen» oder «Schlafen» keine Hobbies, die dich besonders interessant machen. Im Gegenteil; sie werfen ein zweifelhaftes Bild auf dich und deine Einstellung zu Arbeit. Auch Hobbies wie «lesen» oder «wandern» sind etwas gar beliebig und – mit Verlaub – auch etwas spiessig. Gut macht sich bei den ausserberuflichen Aktivitäten, wer den künftigen Chef überraschen kann. Bist du schwul und hast eine erfolgreiche Militärkarriere absolviert? Das ist doch eher untypisch und macht dich interessant. Vielleicht bist du Fussballschiedsrichter oder -trainer? Oder tust du etwas anderes in deiner Freizeit, das das Klischee des «typischen» Schwulen straft? Ich würde das unbedingt erwähnen. Das bietet auch gleich eine Grundlage für den Einstieg in ein interessantes Vorstellungsgespräch.

Fazit: Auf beliebte Stellen gibt es viele – manchmal hunderte – Bewerber*innen. Dein Dossier, das in der Regel von jemandem aus dem Personalbüro als erstes gesichtet wird, ist matchentscheidend. Schludrig formulierte Motivationsschreiben und unachtsam gestaltete Lebensläufe haben einen schweren Stand und landen allerhöchstwahrscheinlich innert Sekunden auf dem «Leider-nein»-Stapel. Und das wollen wir nicht. Was wir eigentlich wollen, ist dass wir aus einer Anzahl Stellen zu derjenigen Ja sagen können, die am allerbesten zu uns passt.

Viel Glück!


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